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Kessel Explosionen

Technik Dampflok

Bilder und Beschreibungen Kesselzerknall

Diese Bilder soll sich jeder Heizer vor Augen halten, beim beobachten des Wasserstandes


Der Ausdruck Kesselzerknall


Der Ausdruck Kesselzerknall, gelegentlich auch als Kesselexplosion bezeichnet, beschreibt das Platzen eines Dampfkessels.
Ein Kesselzerknall kann verschiedene Ursachen haben. Die häufigsten Ursachen sind Wassermangel, zu hoher Dampfdruck und mangelhafte oder fehlende Wartung.

Physikalische Grundlagen

Der Siedepunkt, also die Temperatur, bei der eine Flüssigkeit kocht, ist abhängig vom Umgebungsdruck. Im Allgemeinen steigt mit steigendem Druck auch diese Temperatur. In einen offenen Gefäß kocht Wasser bei Normaldruck bei 100 °C. (Im Hochgebirge kann auf Grund des geringeren Drucks diese Temperatur deutlich niedriger liegen.) Weitere Energiezufuhr führt nun nur zur weiteren Verdampfung der Flüssigkeit, nicht aber zur Erhöhung ihrer Temperatur. In einem geschlossenen System (Kessel) kann der entstehende Dampf aber nicht entweichen und führt zur Erhöhung des Drucks, womit dann auch die Temperatur der siedenden Flüssigkeit steigt. Der steigende Druck bewirkt aber einen Anstieg der Kondensationsrate der Gasmoleküle. Daraus ergibt sich bei konstantem Energieinhalt des Systems ein dynamisches Gleichgewicht, d. h. es stellt sich ein bestimmter Druck und die dazu passende Temperatur ein, bei der die Zahl der Moleküle, die von der flüssigen in die Gasphase wechseln (Verdampfung), gerade der entspricht, die von der Gas- in die flüssige Phase übertreten (Kondensation). Z. B. sind für eine Kesseltemperatur von 200 °C 15,15 bar Druck (14,15 bar Überdruck!) erforderlich.
Besitzt die Flüssigkeit eine höhere Temperatur als es der herrschende Druck erlauben würde, spricht man von Siedeverzug. Ein solcher Zustand kann sich beim ersten Aufheizen ergeben, wenn die Flüssigkeit sehr rein und die Gefäßwände sehr glatt sind. In diesem Fall ist die Verdampfung unterdrückt, weil sich nicht genug (Dampf-) Keime bilden können. Ein ähnlicher Zustand ergibt sich auch, wenn der Druck einer siedenden Flüssigkeit plötzlich deutlich sinkt. .... Da bei diesem Vorgang schlagartig große Mengen Energie freigesetzt werden, die zuvor im System gebunden waren, kann man ihn tatsächlich als Explosion bezeichnen.

Kesselzerknall durch Wassermangel

Bei einer mobilen Dampfmaschine (Dampflokomotive, Lokomobile, Dampfschiff) wird zur Erzeugung des Dampfes ein Feuer in der Feuerbüchse entfacht, welche sich im Kessel befindet. Die entstehenden Rauchgase durchlaufen die Rauchrohre und erhitzen dabei das umgebende Wasser, bevor sie aus dem Schornstein entweichen. Weiter wird das Wasser von den Feuerbüchswänden direkt erhitzt.
Dieser Zustand ist stabil, solange sich ausreichend Wasser im Kessel befindet und dieser in der vorgesehenen Lage verbleibt. Bei einer stärkeren Neigung des Kessels, z.B. bei Befahren von starken Gefällen, kann das Wasser sich im vorderen Kesselende sammeln, während die hinten gelegene Feuerbüchse nicht mehr vollständig von Wasser umspült wird. Der gleiche Fall tritt ein, wenn für den verbrauchten Dampf kein neues Wasser nachgefüllt wird.
In Folge dieses Trockenfallens erhitzt sich die Feuerbüchsdecke stark, das Material kann weich werden, ausglühen und stark an Festigkeit einbüßen. Der Dampfdruck im Kessel führt dann schließlich zu einem Aufreißen der Feuerbüchsdecke. Bei bewegten Kesseln besteht schon vor dieser spontanen Zerstörung die Gefahr, daß wieder Wasser auf die glühenden Flächen gelangt und sofort verdampft (heiße Herdplatte), wodurch der Kesseldruck schnell ansteigt und so zum Reißen führt. Durch das entstehende Loch strömt der Dampf in die Feuerbüchse aus. Der dadurch entstehende niedrigere Druck bewirkt, dass das heiße Wasser gemäß seinem physikalischen Dampfdruckverhalten schlagartig zu kochen beginnt (Nachverdampfung). Durch die stetig nachströmenden Dampfmengen entsteht eine Rückstoßkraft, die den Kessel aus der Verankerung reißt und fortschleudert.
Das geht so schnell, dass die Sicherheitsventile und sonstigen Sicherheitseinrichtungen dies nicht bewältigen können.
Der letzte Zerknall in Deutschland ereignete sich am 27. November 1977 in Bitterfeld mit der Schnellzuglok 01 516 (EDV-Nummer 01 1516-2). Trotz besseren Wissens hatte das Personal die Lok trockengeheizt (es galt unter Eisenbahnern als Schande, die Lok auf freier Strecke "kaltmachen" zu müssen, d.h., das Feuer vom Rost zu entfernen). Bei dem Unglück starben neben Lokführer und Heizer sieben weitere Personen; der Kessel löste sich dabei von der Lok und schlug 40 m weiter in Fahrtrichtung auf, wo er sich kalt mit der Schiene verschweißte.

Kesselzerknall durch zu hohen Dampfdruck

In den USA (Medina, Ohio) zerknallte am 29. Juli 2001 der Kessel einer Lokomobile, eines dampfgetriebenen Straßenfahrzeugs, auf einem Jahrmarkt. Bislang ist das der jüngste bekannt gewordene Fall eines Kesselzerknalls. Ursache waren hier schwere Wartungsmängel und abgezehrtes Material, vor allem durch Kesselsteinablagerungen festgesetzte Sicherheitsventile, die einen Druckanstieg über die für den Kessel erlaubte Grenze zuließen. Mangelnde Aufmerksamkeit des Personals, das den Druckanstieg nicht bemerkte, tat ein Übriges.
Zu dieser Rubrik gehört auch der Kesselzerknall durch Siedeverzug. Dabei erreicht das Wasser eine höhere Temperatur, als es nach den Druckverhältnissen haben dürfte. Eine dann einsetzende Verdampfung erfolgt so schnell, dass die Sicherheitsventile und sonstigen Sicherheitseinrichtungen dies nicht bewältigen können. Allerdings dürfte der eigentliche Siedeverzug nur technischen Geräten wie Schnellkochtöpfen oder Gefäßen in der Chemie gefahrlich werden können, die mit relativ niedrigen Drücken betrieben werden, da man mit Wasser unter reinsten Bedingungen nicht mehr als 140 °C erreicht hat, was einem Druck von 3,5 bar (also 2,5 bar Überdruck) entspricht. Darüberhinaus dürften z. B. die Kesselsteinablagerungen oder Wasserzusätze, die diese vermindern sollen, dafür sorgen, daß es im realen Betrieb eines Dampfkessels niemals zu einem gewöhnlichen Siedeverzug kommen kann.

Kesselzerknall durch mangelhafte Wartung

Damit ein Dampfkessel jederzeit sicher betrieben werden kann, sind bestimmte Wartungsintervalle und Prüfungen vorgeschrieben. Bei der Wartung wird der Kessel immer von außen komplett freigelegt und alle Nähte werden überprüft. Im Bereich der Feuerbüchse, dem kritischsten Bereich eines Dampfkessels, werden sämtliche Stehbolzen auf Anrisse überprüft und im Zweifelsfall durch neue ersetzt. Üblicherweise wird nach Abschluss der Arbeiten eine Kaltwasserdruckprobe mit dem 1,5-fachen Betriebsdruck vorgenommen. Hierbei wird der Kessel vollständig mit Wasser gefüllt und langsam auf Prüfdruck gebracht. Dabei dürfen keine Verformungen und Undichtigkeiten am Kessel auftreten. Da sich bei dieser Prüfung ausschließlich Wasser im Kessel befindet, das sich nicht zusammenpressen lässt, ist kein Zerknall zu befürchten, da z. B. das Aufreißen einer Naht nur zum sofortigen Druckabfall, nicht aber zum entstehen eines zusätzlichen Mediums führt, das unkontrolliert nachströmen kann. Anschließend ist eine Warmdruckprobe mit 1,2-fachem Betriebsdruck vorgesehen. Zum Schluss werden die Sicherheitsventile, die den Betriebsdruck des Kessel begrenzen, von einem Kesselprüfer eingestellt und gegen Verstellen verplombt. Bei weitergehenden Prüfungen wird der Kessel auch von innen komplett freigelegt, d.h. es werden alle Rohre ausgebaut. Dabei werden die Kesselwandungen auf Materialabzehrungen untersucht, um zu geringe Wandstärken zu erkennen. Die abschließenden Prüfungen sind die gleichen wie oben beschrieben. Werden diese Wartungen versäumt, kann das dazu führen, dass der Kessel nicht mehr betriebssicher ist. Er kann dann dem zugelassenen Druck nicht mehr standhalten, da seine Wandungen mit der Zeit zu dünn geworden oder die versteifenden Stehbolzen im Feuerbüchsbereich gerissen sind.

Sonstige Ursachen

Verschiedene Ursachen wie unzureichendes Material, fehlerhafte Bedienung oder Überbelastung führten im 19. Jahrhundert vergleichsweise häufig zu Kesselzerknallen, auch bei stationär betriebenen Kesseln. Dies löste die Gründung von Dampfkessel-Überwachungsvereinen aus, aus denen sich später die Technischen Überwachungsvereine, heute bekannt unter der Abkürzung TÜV, entwickelten. In Deutschland waren die Staatsbahnen meist selbst für die Überwachung der Kesselsicherheit verantwortlich.
Bei der Deutschen Reichsbahn glaubte man gegen Ende der 30er Jahre durch Verwendung der Stahlsorte St 47 K-Mo für den Kesselbau dessen Druck erhöhen zu können, ohne daß dessen Gewicht durch größere Wandstärke deutlich ansteigt. Es handelte sich dabei um einen Stahl, der mit Molybdän legiert war. Er besaß z. T. einen recht hohen Kohlenstoffanteil. Dies ergab zwar anfangs eine hohe Festigkeit, jedoch war der Stahl nicht alterungsbeständig. Das Molybdän verringerte seine Wärmeleitfähigkeit deutlich, was in der Kombination mit anderen Stahlsorten zu starken Spannungen führt, der hohe Kohlenstoffanteil machte den Stahl spröde und es bildeten sich bald Haarrisse, sodaß z. B. der Kessel der 50 845 (Bj. 1940!) als erster schon 1941 zerknallten. Als Sofortmaßnahme wurde der zulässige Betriebsdruck dieser Kessel herabgesetzt und eine intensivere Überwachung angeordnet. Für besonders dringende Fälle wurden schon in den frühen 40er Jahren erste Ersatzkessel aus dem bewährten St 34 beschafft.
Aber auch äußere Gewalteinwirkung kann im Extremfall zu einem Kesselzerknall führern. So mußten z. B. Rettungsmannschaften durchaus damit rechnen, daß nach einem entsprechend schweren Unfall, z. B. dem Frontalzusammenstoß zweier schneller Züge, auch die Gefahr eines Kesselzerknalls besteht.


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